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Uwe Vitz


Das fliegende Schachbrett

Es wäre sehr unklug, ihr keine Audienz zu gewähren, oh mein
Prinz. " , sagte der Wesir. Der Emir Zamor sah sie müde an.
" Muss das denn wirklich sein? Diese Frau macht mich immer so
müde; sie ist ja so anstrengend. ", meinte er.
" Es muss sein, mein Prinz. Unsere Beziehungen zu den
Sechsbergern sind einfach zu wichtig. Wir dürfen die örtliche Geschäftsführerin
daher nicht unnötig verärgern. "
" Ach diese lästigen, kleinen Zwerge! Ständig hecken sie
irgendetwas aus, immer berechnen sie irgendwelche Geschäfte oder schreiben
merkwürdige Verträge, und ich soll mich immer mit all dem beschäftigen. Warum? "
" Weil Ihr der Emir seid, mein Prinz. "
" Ja, ja, der Emir muss sich immer um alles kümmern, wie üblich.
Meine Wesire sind offenbar nur dazu gut, mich an meine Pflichten zu erinnern,
anstatt mir auch mal ein wenig Arbeit abzunehmen. "
" Ein Herrscher muss eben herrschen, mein Prinz. "
" Schon gut, schon gut. So rufe sie den herein! Ich werde mir
alles anhören, wie immer. "

" Endlich habe ich es geschafft. ", sagte Zähleschnell
Goldzahntochter glücklich. Der Sechsberger neben sah sie etwa ärgerlich an.
" Endlich haben wir es geschafft. " , berichtete er scharf.
" Natürlich, Eselohr, wir haben es geschafft. "
Eselohr Wasserträgersohn seufzte innerlich auf, er wusste, dass seine
Geschäftsführerin am Ende den ganzen Ruhm - und natürlich auch den Gewinn - in die eigene Tasche stecken würde. Ja, ja, das Leben des einfachen
Sechsbergers war nicht leicht. Diese Geschäftsführer nahmen sich doch immer zuviel heraus. Dabei hatte er, nicht etwa die Geschäftsführerin oder die anderen
Sechsberger von Kurt in Wahrheit das fliegende Schachbrett mit einem Netz
eingefangen. Gut, es waren zehn junge Zwerge gewesen, die an der Felswand gehangen und Netzte nach dem Schachbrett geworfen hatten. Allerdings hatten die anderen neun später schimpfend Kurt - und damit auch die Geschäftsführerin verlassen.
Sie behaupteten doch tatsächlich, dass diese Zähleschnell einfach zu viel
verlangte und teilweise musste Eselsohr ihnen in Gedanken sogar Recht geben.
Andererseits, irgendwie hatte er sich in Zähleschnell verliebt und er hoffte,
dass sie ihren treusten Mitarbeiter eines Tages auch bemerken würde.
" Achtung der Emir kommt! "
Zähleschnell und Eselohr verneigten sich demütig. Emir Zamor von Kurt betrat
die Halle, dicht gefolgt von seinem ältesten Wesir.
" Ihr dürft Euch erheben. Weshalb wünschet Ihr mich zu sprechen
Geschäftsführerin? "
" Oh mein gnädigster Herrscher, ich möchte Euch von einem großen
Wunder berichten. Wie Ihr sicher wisst, kann ein normaler fliegender
Teppich etwa eine halbe Stunde fliegen, ehe seine Zauberkraft verbraucht ist. Die
Zauberer von Zha-Khyr dagegen haben Teppiche mit denen sie tagelang von einer Ecke unserer Ebene zur anderen fliegen können. "
" Das ist mir bekannt, liebe Geschäftsführerin der Sechsbergerer.
Deshalb baute auch mein Gro0vater diese Stadt zwischen Felsen und Wüste
so nah wie irgend möglich an das Reich der Magier von Zha.Khyr. Doch bis heute
haben die Bewohner des Zauberreiches keinen Kontakt mit uns aufgenommen,
und ist es leider auch nicht gelungen, die Rochberger zu überwinden und zu ihnen zu gelangen. Also, was soll es? "
" Nun gnädiger Herr, Ihr habt doch sicher auch schon gehört, dass
die Zauberer manchmal Schachbretter dabei haben? "
" Natürlich, die berühmten fliegenden Schachbretter. Die Zauberer
bewegen die Figuren mit ihren Gedanken. So können sie in der Zeit die sie auf
dem fliegenden Teppich herumsitzen, noch mit anderen Zauberern Schach
spielen. Wer hat noch nicht davon gehört? " , fragte der Emir müde.
" Dann wisst Ihr auch, dass manche der mächtigen Zauberer sehr
schlechter Verlierer sind und die kostbaren Schachbretter nach einer
Niederlage einfach in die Tiefe schleudern? ", fuhr die Geschäftsführerin triumphierend fort.
" Wir haben so ein Schachbrett in unseren Besitz gebracht. Oh
Emir, ist Euch klar, was dies bedeutet? "
" Ehrlich gesagt, nicht so ganz. " , gestand der Emir gähnend.
" Nur mit Sicherheit werden die Zauberer ihr Schachbrett
zurückhaben wollen. Sie wissen wo es ist. Also müssen sie zu uns kommen. Somit könnten wir endlich mit den Bewohnern Zha-Khyrs in Kontakt treten. Vielleicht können wir gar eine feste Handelsbeziehung aufbauen. "
" Dann tut es doch. ", seufzte der Emir.
" Aber es wäre besser, wenn ein mächtiger Fürst wie Ihr diesen
Schritt für uns alle tun würde, nicht so bescheidene Zwerge, wie wir
Sechsberger es nun einmal sind. Wir wollen nur ein paar kleine Geschäfte mit den
Bewohnern von Zha.Khyr machen, vielleicht ein kleines Handelshaus in ihrem
Reich bauen, und uns ansonsten zurückhalten. "
" Wie bescheiden. ", sagte der Emir freundlich. " Allerdings
fürchte ich, dass es schwierig werden könnte, Geschäfte mit Leuten zu machen,
die ständig mit fliegenden Teppichen durch die Luft sausen. Mir ist das schon zu
anstrengend; aber Ihr habt meine Erlaubnis, mich bei diesem wichtigen Geschäft
zu übergehen. Und nun verzeiht, aber ich bin müde, es war gestern
eine lange Nacht. "
Zähleschnell Goldzahntochter traute ihren Ohren nicht; sie war
noch ganz verblüfft, als Diener des Emirs sie und Eselsohr sanft, aber bestimmt aus dem Saal hinausdirigierten.
Erst draußen vor dem Palast des Emirs kam die Sechsbergerin zu
sich und wurde wieder zu der eiskalten Geschäftsführerin, als die sie in ganz
Sahuria bekannt war.
" Wenn der Emir nicht will, werden wir Sechsberber eben das das
Tor nach Zha-Khyr öffnen! " , rief sie begeistert.
" Hm, übernehmen wir uns da nicht? " , wagte Eselsohr noch
fragen.
" Pah, Feiglinge erreichen nie etwas! Unsere Vorfahren wagten
auch viel, als sie das Sechsbergereich gründeten, und wir sollten ihnen nicht
nachstehen. Es wird Zeit, dass wir Sechsberger diesen Menschen zeigen, wozu wir fähig sind. "
Eselsohr nickte zustimmend und trottete hinter seinen
Geschäftsführer her. Er
ahnte, dass die nächsten Wochen sehr anstrengend werden würden.

Im Keller des Handelshauses der Sechsberger von Kurt schwebte das
fliegende Schachbrett und zerrte an seinen Ketten, die es am Boden
fesselten. Die winzigen Schachfiguren schienen geradezu besorgt auf die dicke
Kette und die vergitterten Fenster zu blicken.

Im Keller des Emir-Palastes schwebten Hunderte von fliegenden
Schachbrettern. Die winzigen Figuren blickten gleichgültig nach vorne, während
die Schachbretter im Kreis durch den Keller flogen. Ein paar Raume
darüber fragte der Wesir:
" Mein Prinz, warum habt ihr den beiden Zwergen nicht gesagt,
dass schon Euer Großvater, ebenso wie auch Euer Vater, solche Schachbretter
gefunden hat.
Noch niemals ist deshalb irgendein Zauberer zu uns gekommen. "
" Jeder soll seine eignen Erfahrungen machen. Vielleicht lassen
mich diese lästigen Sechsberger ja in Ruhe, während sie auf die Zauberer
warten. "

" Jetzt beginnt für uns Sechsberger bald ein neues Zeitalter. ",
prophezeite Goldzahntochter und sah zufrieden zu Eselsohr Wasserträgersohn
hinüber, der ihr Büro mit einem Besen säuberte. " Wenn du hier fertig bist,
kehrst du den Dreck vom Hof weg, und dann räumst du den Kamelstall auf. Wenn
die Zauberer kommen, muss alles perfekt sein. Du wirst arbeiten bis zum
Umfallen, aber es ist ja für unseren großen Triumph. Also beeile dich ein bisschen und etwas mehr Begeisterung, bitte.."
Eselsohr seufzte. Es war vielleicht doch besser, wenn man weniger
erfolgreich darin war, die Wünsche der Geschäftsführerin zu erfüllen..

ENDE

 



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