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Hanno Erdwein
Vom braven Bruno Wolf und den sieben frivolen Geißlein
Jeder kannte Bruno Wolf. Sein ehrliches und aufrechtes Wesen
war in unserer kleinen Stadt in aller Munde. Gern wurde er
als leuchtendes Beispiel für kreuzbraves Verhalten
hingestellt. Deshalb konnten ihn viele Kinder, aber auch
manch ein Erwachsener nicht ausstehen.
Bruno war neunzehn und wollte nach dem Hochschulabschluß
Theologie studieren. Er träumte davon, einmal Geistlicher zu
werden.
Das moralische Gegenteil zu Bruno waren wohl die sieben Töchter
der Linda Geiß. Auch über sie war mancherlei in Umlauf, was
der
alleinerziehenden Mutter mächtig gegen den Strich ging.
"Ihr solltet endlich erwachsen werden", schimpfte sie mehrmals
am
Tag und sah streng auf die Rotschöpfe herab.
"Wir tun keiner Fliege was zuleid", erhielt sie zur Antwort.
"Die
Leute können uns nicht leiden, weil wir nicht so spießig
sind wie
Bruno Wolf."
So ganz von der Hand zu weisen war das nicht. Im Grunde hielt
Mutter Geiß ihre Sprößlinge nicht für schlecht.
Ja, sie hatten es
oft genug arg getrieben und mit ihren Späßen die Leute
aufgebracht. Aber die waren doch auch einmal jung gewesen. Nur
wollte sich niemand mehr an die Zeit erinnern. Und was waren das
schon für Schandtaten, die sich Britta, Iris und Lou (die
siebzehnjährigen Drillinge), Sandra, Vicky und Evelyn (ebenfalls
Drillinge und sechzehn), sowie die fünfzehnjährige Lilly
erlaubten? Wären sie Jungs, würde man lächelnd darüber
hinweggesehen haben. Aber sie waren Mädchen und hatten sich
gefälligst als solche aufzuführen.
Eines sonntagsmorgens warf Mutter Geiß ihre Töchter schon
zeitig
aus den Betten.
"Ihr müßt heute einmal ohne mich zurechtkommen",
verkündete sie
mit Sorgenfalten auf der Stirn. "Ich muß rüber nach
Elmshorn zu
eurer Tante Trudy. Die Gute hat ein paar Probleme, worüber wir
sprechen müssen."
"Oooch", heuchlten die Mädels Bedauern.*Vorschlag: riefen
die Mädchen - ich finde, man hört die Heuchelei auch so "Wir
hier ganz allein?!
Wie sollen wir damit fertigwerden?"
"Stellt euch nicht an. Ihr seid alt genug, mal ein paar Stunden
für euch selbst zu sorgen." Warf noch ein paar Sachen in die
Reisetasche und ging zur Tür. Dort drehte sie sich noch einmal
um:
"Macht keine Dummheiten. Laßt niemand rein und ärgert
mir die
Leute nicht!"
"Fahr ruhig", versicherte Britta mit gleißnerischem
Augenaufschlag, "wir werden alles befolgen."
Im Grunde jubelten die sieben klammheimlich über die sturmfreie
Bude. Eine solche Gelegenheit kam so rasch nicht wieder. Und das
mußte ordentlich ausgenutzt werden.
Sie steckten eine Weile die Köpfe zusammen und beratschlagten,
wer diesmal dran glauben sollte und wie sie vorgehen wollten.
"Klar", grinste Lilly, "das muß der Simpel von
Bruno Wolf sein.
Der hat längst einen Denkzettel verdient."
Die sechs anderen klopften ihrer jüngsten Schwester lachend auf
die Achsel und waren begeistert.
"Dem werden wir ordentlich die Hölle heiß machen!"
Lou kräuselte die Nase: "Wenn der Betbruder nachher von der
Kirche kommt, muß er hier vorbei. Wir werden ihn unter
irgendeinem Vorwand ins Haus locken."
"Genau! Das machen wir!" Vor Begeisterung sprangen sie in
der Stube herum, kreischten und johlten. Und wer den Lärm
von draußen hörte, mußte denken, dort würde eine
wüste Orgie
gefeiert.
Bruno Wolf ging bewegt von der Kirche nach Hause. An diesem
Marienfest hatte ihm der Pfarrer so recht aus der Seele
gepredigt und die heilige Jungfrau als guten Weg zu Jesus
dargestellt. Mit diesen Gedanken war er beschäftigt, als er
angesprochen wurde.
"Hallo Bruno", flötete eine Mädchenstimme vom Haus
der Geiß in
seine Versunkenheit.
"Möchtest du nicht für einen Augenblick hereinkommen.
Wir haben
ein Problem."
Die Hilfsbereitschaft des jungen Mannes war ebenfalls in aller
Munde. Und die sieben Rotschöpfe nutzten das schamlos aus.
Bruno überlegte nicht lange. Ging arglos auf die Tür zu und
wurde hereingelassen. Rasch riegelte Lilly hinter ihm ab und
zwinkerte ihren Schwestern, was heißen sollte: Den haben wir
sicher.
Bruno sah sich um:
"Was habt ihr denn für Probleme?"
Evelin schob ihren Pulli hoch und zeigte zwei knackige Brüste:
"Das hier", bekannte sie in gespielter Unschuld.
"Bist du krank", fragte Bruno besorgt.
"Ja", seufzte sie, "krank nach dir!"
Aber der junge Mann reagierte ganz anders, als sie sich das
erhofft hatten:
"Da kann ich dir nicht helfen. Ich bin ein Mann Gottes und hab
mit Frauensachen nichts im Sinn."
"Auch nicht, wenn ich dich ganz lieb bitte?" Sie rückte
ihm mit
ihren bloßen Liebesäpfeln auf die Pelle und rieb sich am
rauhen
Stoff seines Anzugs.
Er schob sie von sich. Berührte dabei bloßes Fleisch, das
unter
seinen Fingern zu brennen schien. Völlig unempfänglich für
weibliche Reize war auch er nicht. Und er hatte sich der Jungfrau
Maria deswegen geweiht, weil er den Stachel in seinem Fleisch
abtöten wollte.
"Weiche von mir, Satansweib!", fauchte er und wandte sich
gegen
die Tür, das Haus fluchtartig zu verlassen. Aber die war
versprerrt und Britta stand in verführerischer Pose davor. Ihre
Jeans stand vorne auf und zeigte genug vom Kraushaar, einen
Bischof zu verführen.
"Ich habe auch ein Problem", seufzte sie. "Sei barmherzig
und
hilf mir!"
"Scher dich zur Hölle, geile Lilith", knirschte er.
"Aber - aber! Wie kann man so unfromm schimpfen!"
Das jüngste der Mädel war aus ihren Kleidern geschlüpft
und
sprang nackend auf Brunos Rücken.
"Mir hilf auch bitte", flehte sie theatralisch.
Durch den dünnen Stoff seines Sommeranzugs spürte er ihr
heißes Fleisch. Das mußte ihn zwangsläufig erregen.
Er biß
die Zähne aufeinander, die Erektion zu unterdrücken, die
sich bereits seine Hose ausbeulend bemerkbar machte. Die
frivolen Mädels beobachteten das mit Vergnügen und begannen,
ihn wie einen Spielball mal hierhin, mal dorthin zu
schubsen. Überall geriet er an nackte Haut und längst schon
begann sein Glied die Hosenknöpfe zu sprengen, um wie wild
hervorzuzucken.
"Ei! Was ist denn das? Hat der fromme Bruno etwa einen üblen
Hosenteufel?"
Kichernd trieben sie es noch wilder mit ihm.
"Komm böser Wolf", quiekte Vicky, "nimm mich. Ich
bin ganz dein.
Oder willst du lieber die kleine Lilly vernaschen?"
"Ich habe mich der Jungfrau Maria versprochen", stöhnte
er
gequält.
"Ach so bist du drauf", lachte Britta. Lilly ist die einzige
Jungfrau unter uns. Nimm sie. Sie wird dir dankbar sein."
Vor geiler Lust und von starken Skrupeln gepeinigt, geriet Bruno
immer mehr in Raserei. Er schoß - einen Ausweg suchend - mal
hierhin, mal dorthin. Nach welcher Seite er sich auch wandte,
überall lockten Busen und Schamhaar, streckten sich ihm
aufreizend hübsche Beine entgegen.
"Laßt mich raus!", flehte er verzweifelt. "Ihr
seid Hexen und
Teufelinnen. Rauslassen!"
Sandra versperrte ihm die Tür. In blinder Wut griff er nach
ihr und biß ihr in die Brust. Das Mädel schrie auf und gab
jammernd die Tür frei.
Bruno knöpfte sich zu, riß hastig den Riegel zurück
und
stürmte hinaus. Die Mädels glucksten und kicherten ihm
hinterdrein. Nur Sandra tupfte sich das Blut vom Busen.
"Hat er heftig zugebissen?", wollte Britta wissen."
"Ach, es geht. Er ist ein Idiot. Hätte doch eine von uns haben
können."
"Der? Der weiß doch nicht mal, wie das geht."
Amüsiert zogen sie sich an und spähten durch die Gardine,
das weitere Geschehen zu verfolgen.
Bruno hetzte die Straße lang.
"Ich muß zur Muttergottes, meine Schuld abbüßen.
Ich muß mich ihr
zu Füßen werfen!"
Das betete er halblaut vor sich hin und strebte dem
Heiligenwinkel zu, der an der nächsten Kreuzung stand.
Das Pflaster war uneben. Platten ragten zentimeterweise heraus.
Schon stolperte der junge Mann und schlug der Länge nach hin.
"Ach Gott! Der arme Kerl!" Zwei alte Mütterchen waren
gleich bei
ihm und untersuchten den Verletzten.
"Ist es schlimm, Jung?"
Blut quoll ihm aus einer Platzwunde an der Stirn.
"Ruf doch mal einer den Krankenwagen", riefen die Frauen und
sorgten sich mütterlich um den armen Kerl.
Bruno hatte das Erlebnis im Haus der Geißens nie ganz verwunden.
Und er hütete sich, davon zu erzählen. Nur sein Beichtvater
erfuhr von der seelischen Not.
"Weihe dich der Gottesmutter", riet er ihm. "Sie wird
dir über
das Ärgste hinweghelfen."
Die Nächte waren das Schlimmste. Die sieben Mädels suchten
ihn immerfort in seinen Träumen heim und lockten mit ihren
Reizen. Er masturbierte.
Statt darin Erleichterung zu finden, wurde es noch schlimmer.
Auch trieb er sich spätabends in der Nähe des Geißenhauses
herum. Er wußte selbst nicht, was er dort suchte - oder er
wußte es und wollte es vor sich selbst nicht wahrhaben.
"Schaut mal", grinste Vicky, "wer da um unseren Garten
herumschleicht.
"Oooch", meinte Lou, "der arme Kerl. Will sich keiner
seiner
sexuellen Not erbarmen?"
Britta griff nach Lillys Arm: "Du wolltest doch immer schon
einmal deine dämliche Jungfernhaut verlieren. Da draußen
wartet
die Gelegenheit!"
Lilly schlüpfte aus der Tür und wurde gleich von Bruno hart
am Arm gepackt. Ohne ein Wort zog er sie ins nächste
Erlengehölz. Dort riß er ihr die Wäsche vom Leib und
drang
brutal in sie ein. Lilly quiekte nur ein ganz klein wenig.
Dann machte es ihr sogar Spaß.
"Na", fragte Sandra, "wie wars? Bist du endlich das
lästige Hymen
los?"
Lilly zog ein Schnäuzchen: "Bruno ist ein richtiger Mann.
Er hat
mich genommen, wie es sich gehört."
"Merkwürdig, daß er sich bei uns so idiotisch anstellte",
wunderte sich Vicky. "Und er hat dich nach allen Regeln der Kunst
gebumst?"
"Hmmm", meinte Lou, "was wohl seine Jungfrau maria dazu
sagen
wird!"
Gekicher.
Eines Tages fand man Bruno blutüberströmt im Keller seines
Hauses. Nach näherer Untersuchung entdeckte man, daß er sich
kastriert hatte. Von da an hatte er endlich Ruhe vor den
sieben roten Teufelinnen.
Was aus den Geißenmädchen geworden ist, entzieht sich unserer
Kenntnis. Vielleicht brave Hausmütterchen oder lockere
Nachtvögel.
Bruno aber wurde, was er sich immer erträumt hatte,
Priester. Er bewährte sich und stieg mit der Zeit zum
Bischof auf. Heute ist er Kardinal. Und - wer weiß -
vielleicht wird er eines Tages sogar Papst.
(c) 2. Juni 2003
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