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Thomas Lang:ThanQuartbuchKlaus Wagenbach Verlag 2002, 187 SeitenISBN 3 8031 3166 9
Bei Wagenbachs Quartbüchern bleibt der Buchfink ganz gelassen, wenn er nicht so recht weiß, was für eine Art Buch er denn soeben gelesen hat. Eine Erzählung? Einen Roman? Das schmale Format mit dem hohen Anspruch hat schon oft neugierig machen können. Hier aber darf sich der Autor Thomas Lang, geboren 1967, zu einer Gattungsbezeichnung hinreißen lassen. Er hat, nach meiner bescheidenen Ansicht, mit seinem Debut eine Novelle vorgelegt, die ihre Leser zu fesseln weiß, um sie schließlich etwas ratlos zu entlassen. Moritz (?) Than (?) ist stumm (?). So könnte ein Aussagesatz über der Helden (?) der Geschichte geschrieben werden. Jedes Faktum verdient ein Fragezeichen. Dahinter mag ein artifizielles Konzept von Wirklichkeit stehen - der Klappentexter deutet es an - aber nur Mut: Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Lassen wir die Fragezeichen für heute ruhig weg. Der stumme Moritz (!) ist ein Unfallopfer, das seine Sprache verloren hat und sich der psychiatrischen Weiterbehandlung durch Flucht auf eine süddeutsche Insel entzieht. Dort mietet er sich ein unter dem Vorwand, das örtliche Kloster zu erforschen. Er ist an Abgeschiedenheit zwar interessiert, muss aber erfahren, dass die rauhe Wirklichkeit jede Flucht vereiteln kann. Moritz ist Beobachter des winterlichen und nur scheinbar erstarrten Insellebens. Durch sein pures Da-Sein nimmt er immer wieder ungewollt (Ja, hier muss wieder ein ? hin) Einfluss auf die Ereignisse, hemmt und forciert sie. Er wird vom Zeugen zum Mitspieler. Die Lektüre bezieht über weite Passagen ihre Spannung aus dieser Konstellation, denn es geht schon bald um Tod und Leben, um verschwundene Kinder und finstere Männer und Frauen: die in Wolle gewandete Wirtin, den Maler mit Machenschaften, den tierischen Jäger. Ist Than ("More THAN Words" steht auf einem Fax an ihn) einer von ihnen? Soll er zum Täter gemacht werden? Eignet er sich als Sündenbock, den der Jäger gezielt erlegt? Ist er der geduldige Freund und Liebhaber der Töpferin, jener Dame mit den irritierenden Implantaten, die Than aus seiner pubertierenden Zeit noch kennt? Wo immer sich Unheil anbahnt, ist er zur Stelle. Wo immer er sich einstellt, findet bald sich auch Unheil. Der zweite Erzählstrang zeigt M. bei der Suche nach (?) oder (?) der Flucht vor (?) Agnes, seiner herben Freundin, die ihn mit einem französischen Freund betrogen hat. Die Ebenen wechseln beständig-unbeständig, aber haben jeweils alle Zutaten zu interessanten Geschichten. Lang verrätselt gern und viel, hat er doch, ach, Literaturwissenschaft studiert. Doch der Buchfink glaubt herauszuhören, dass der Autor am liebsten erzählen möchte , wie ihm der Schnabel (?) gewachsen ist. Denn das kann er durchaus. So lässt sich "Than" als Kriminalnovelle
lesen. Für andere ist es vielleicht "more THAN this".
Und wem das nicht genügt, der holt sich aus dem Netz noch ein
Bonuskapitel oder sieht sich die Fotos (?) der Figuren an: http://www.than-details.de (c) Simon Croll, le Buchfink, im Dezember 2002 ,
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