Elmar Bereuter
Die Schwabenkinder
Roman
400 Seiten 9,90 Euro
Serie Piper ISBN 3-492-24066-6
Vielleicht braucht ein Buch über "ein dunkles Kapitel europäischer
Geschichte" (Klappentext) ja tatsächlich einen schaurigen
Einstieg.
Hier besteht er allerdings darin, Leser und Leserin auf Teufel komm
raus die Besonderheiten des Lebens Mitte des 19. Jahrhunderts in einem
Bregenzer Bauerndorf nahe zu bringen. Das geschieht leider durch eine
Art Aufzählung in scheinbar beliebigem Wechsel der Erzählperspektive.
Zum Beispiel erfährt der Leser, warum der Senner schwarze Bartspitzen
hat oder wie er sich die Hände wärmt - genaue Aufklärung
über das Pfriemspucken sowie eine fast halbseitige Beschreibung
des Händewärmens unter den Achselhöhlen. Nicht interessant?
Aber es werden doch beide Handflächen gleichzeitig trocken.....
Spätestens, wenn genau geschildert wird, welcher Bursche wegen
welcher Blödelei welche Strafen kassiert hat, könnte dem strapazierten
Leser langsam der Geduldsfaden reissen, was in meinem Fall dazu führte,
einfach mal ein Paar Seiten zu springen......
...hinein in die bewegende Geschichte des kleinen Kaspanaze, der von
seinen verarmten Eltern ins Schwabenland geschickt wird. Dort soll er
auf dem Ravensburger Kindermarkt für einen Sommer als bäuerlicher
Dienstbote vermarktet werden.
Sklaverei in Europa? Dass dies vielschichtig zu sehen ist, wird schon
im Vorwort deutlich, ebenso im Anhang "Zur Geschichte der Kindermärkte".
Zwar kommt die Geschichte jetzt in Fluss, dennoch stellt sich immer
wieder die Frage,um was es sich nun handelt: Roman oder historischer
Bericht? Übersetzung einzelner Wörter in Klammern [(Heulohmen(Heuabfall)]
oder geschichtliche Hintergrundinformationen (..das 1835 erlassene Patent
des " Verbotes der willkürlichen Grundstückzerstückelung")
unterbrechen die Handlung und weisen eher in die erste Richtung, Kaspanazes
Geschichte mit der schicksalhaften Fügung, dass er ausgerechnet
an den gemeinsten Bauern der Gegend gerät oder das Auftauchen des
wohlhabenden amerikanischen Gönners (welch glückliche Fügung!
) zieht dann übertrieben ins Romanhafte. Nun, das soll es laut
Titel ja auch sein: ein Roman.
Wer pfiffige Kindergestalten mag, findet sicher gefallen an diesem
Buch. Oder derjenige, der im Schwabenland oder angrenzenden Gebieten
zu Hause ist. Ansonsten muss man das Buch nicht unbedingt lesen.
(C) Maria S. Althäuser 2004
|