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Asfa Wossen Asserate

Manieren

Eichborn Verlag , 6. Auflage 2003

ISBN 3-8218-4739-5

388 Seiten22,90 €

 

Der Autor ist ein Prinz, geboren 1948 in Addis Abeba. Doktor und dunkelhäutig. Er lebt seit 1974 in Deutschland. Der Verlag schreibt: "...hat sich in Deutschland niedergelassen." Ja, es kommt auf die Form an, wenn man ein Manierenbuch verlegt.

Ein Autorenfoto ist beigegeben nebst majestätischer Unterschrift. Das Bild zeigt einen Herrn. "Herr" im Sinne des entsprechenden Kapitels, das selbstredend nach dem Abschnitt über die "Dame" folgt. Distinguiert, würdevoll und mit einer Prise Humor blickt der Unternehmensberater den Leser an. Nadelstreifanzug, Weste, Krawatte und Einstecktuch - beides übrigens um Himmels willen nicht aus gleichem Stoff!

Aber - er ist doch Neger! Und will uns Manieren beibringen?

Nein, das will er nicht. Er beobachtet und beurteilt unsere Umgangsformen aus dem Blickwinkel des Außenstehenden und Eingebürgerten. Und da tritt viel zutage, was uns nachdenklich macht. Schließlich hat Asserate Geschichte studiert. Das haben viele deutsche Eingeborene auch, aber es fehlt ihnen das Wundern. Wundern z.B. über die Dame, die in unsere Gesellschaft so hoch geachtet wird. Das Mittelalter steckt uns immer noch in den Knochen. Der Autor versteht es, die selten gewordene Dame so zu zeichnen, dass Mann sogleich zur Leier greifen möcht, um eine Minneliedchen zu improvisieren.

Aber die Damenwelt hat sich bis in den Feminismus verstiegen, dem der Prinz nichts abgewinnen mag. Sein Verdikt über die unsäglichen Sprachregelungen (MaurerInnen) ist zu köstlich! (Da wird er mir den "Neger" verzeihen.)

Der "Herr" ist auch nicht mehr gerade überzählig. Weil wohl selbst "Betroffener", gibt Asserate hier handfeste Praxistipps. Hier, als Schmankerl, der "Allerwichtigste" (S. 71):

"Der Herr benutzt kein Portemonnaie. Das Geld klimpert bei ihm in der Hosentasche, die Scheine ruhen in der Brusttasche an seinem Herzen. Wer dieses Gesetz erfunden hat, weiß ich nicht." Na prima - da könnt ich ja gleich mal mit Herr-Sein anfangen. (Wohin mit der Scheckkarte, Prinz?)

Nein, Männer! Nein, Frauen - so ein Buch ist das nicht. Nach 300 Seiten geistreichen Plauderns spürst du, Mann/Frau, dass der Aufstieg nur einen Aufsteiger hervorbringt. Wahre Meisterschaft ist angeboren, mehr noch, streng anerzogen!

Ob ich das je aufhole? Ob ich das denn will? Gehöre ich doch der Generation der Manierenkiller an, die Asserate nicht so sehr lobt. Doch die sechs Auflagen des teuren Werkes sprechen dafür, dass die 68er Nachholbedarf haben. Der formlose Umgang in allen Bereichen war auch Befreiung, und wer das bezweifelt, hat die 50er nicht erlebt. Doch die allgemein gewordene Bequemlichkeit, Wurstigkeit ist, mit Verlaub, unschön.

Wer will, kann auch alles über den Handkuss lesen. Ich habe das übersprungen.

Wer wenig Zeit hat, liest nur "Aufmerksamkeit und Nachlässigkeit" - da steht alles drin. Wer das "verstanden" hat, benimmt sich nie daneben.

© Simon Croll im Dezember 2003

 



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