Thomas Glavinic
Wie man leben soll
Roman, dtv premium 2004, ISBN 3-423-24392-9
236 Seiten, 14 €
Wenn man jung ist, will man's wissen: Wie man leben soll. Und wenn
man so viel Übergewicht hat wie Charlie Kolostrum, dann helfen
nur noch knallharte Spielregeln, die man dem Leben abkuckt.
Es ist ein Leben, das eigentlich erst losgeht, als die Challenger expodiert
- zu dieser Zeit liegt der Ich-Erzähler erstmalig mit einem Mädel
im Bett. Initiationszündung? Oder Jugendritus? Und gleich noch
eine dritte Frage: Ich-Erzähler? Niemals werden Sie diesen Charlie
"ich" schreiben lesen. Er ist ein Man-Erzähler bis zur
letzten Seite. Mit dem schon bald nervenden Stilmittel erreicht Glavinic
eine Distanz, die dem Buch nicht nur nützt. Man muss da durch,
weil man je Rezensent ist. Um ein Beispiel zu geben.
Nein, Klappentext, das Buch ist nicht "schreiend komisch".
Unter anderem nicht wegen dieser R-i-e-s-e-n-d-i-s-t-a-n-z. Komisch
sind manche der pubertären Episoden, die man so oder ähnlich
selbt erlebt oder sich eingeredet hat. Die Biologie bestimmt das Bewusstsein.
Und so lernt Karl manches über's Leben durch die Begegnung mit
dem Weiblichen, wie auch immer sie jeweils sich gestaltet.
Desiderat sind Lehrsätze wie: "Merke: Wenn man betrogen wurde,
erlebt man dunkle Stunden."
Aber auch: "Merke: Man sollte einen Stammfriseur haben, der eine
kennt." Haben Sie einen?
Ausflüge ins Dramatische und Traumatische würzen die ansonsten
eher gruselige Erinnerungsarbeit an frühe Jungen-Stunden. Ein stümperhaft
durchgeführter Lufröhrenschnitt zum Beispiel (Drama) oder
einige Albtraumszenarien, in die der Dicke sich flüchtet (Trauma).
So liest man denn bis zum Schluss. Man fragt sich, warum man das tut
und sagt sich: Es war halt ein bisserl unterhaltsam. Man rät: Eher
ab.
Simon Croll (c) 2004
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