Aus der Reihe: "50 Klassiker":
Künstlerinnen
dargestellt von Christina Haberlik und Ira Diana Mazzoni
271 Seiten
Gerstenbergverlag
Die Umschlaggestaltung macht mich neugierig. Unterschiedlichste
Porträtaufnahmen von Frauen neben Ausschnitten aus Kunstwerken
sind ansprechend zusammengestellt, darunter findet sich eine Liste von
Frauennamen. Viele sind mir bereits bekannt, andere lese ich zum ersten
Mal. Der Titel „Fünfzig Klassiker“ verwirrt mich zunächst:
Ich überlege, ob damit die Frauen gemeint sind? Im Umschlagtext
finde ich aber die Erklärung: Es handelt sich um den Obertitel
einer Sachbuchreihe des Gerstenberg-Verlages. Der Umschlag hat noch
mehr zu bieten: Einmal dient er durch die Doppelfaltung als Lesezeichen,
zum anderen befindet sich innen eine Zeittafel, auf die ich später
beim Lesen immer einmal wieder zurückgreife. Außerdem werden
hier die beiden Autorinnen vorgestellt.
Das erste Bild im Buch verursacht mir Unwohlsein -
nicht wegen der Ausführung, es zeugt von großer Kunstfertigkeit,
nein, das Motiv irritiert mich. Es irritiert mich, weil es ein grausames
ist und als solches an dieser Stelle erscheint, noch vor der Einleitung.
Es ärgert mich, dass ich hier weder den Titel noch die Künstlerin
erwähnt finde. Ich betrachte also die Frau auf dem Bild, die gerade
dabei ist, mit engelgleichem Gesichtsausdruck einem friedlich schlafenden
Mann mit einem Hammer einen riesigen Nagel in den Schädel zu schlagen.
An dieser Stelle wirkt das Bild auf mich wie ein gruseliges feministisches
Mahnmal. Nicht, dass ich nicht für die Gleichberechtigung der Frau
wäre, aber dies hier macht mich vorsichtig. Zwar finde ich später
an anderer Stelle das Bild wieder und kann es dann mithilfe des Textes
einordnen, aber es bleibt für mich ein Rätsel, warum es so
herausgestellt wurde.
Meine Bedenken werden glücklicherweise mit jeder
gelesenen Seite kleiner. Die Essays lesen sich interessant und vergnüglich,
mit jeder neuen Lebensbeschreibung verdichtet sich das Netz der Kunstgeschichte
von der Renaissance bis zur Gegenwart, wobei die einzelnen Lebensberichte
spannend eingebettet sind in die jeweilige Zeit, so dass der Leser und
die Leserin nebebei viel erfährt über die Käufer der
Kunstgegenstände und deren sich wandelnde Wertvorstellungen. Die
Männer bleiben nicht unerwähnt, nur die Sichtweise ist eine
andere als gewohnt, eben die auf die Künstlerinnen.
Die Ergänzung der Essays durch eine biografische
Seite unterstützt sinnvoll dabei, die wichtigen Dinge zu behalten,
und kleine Merkkästen am Ende jedes Abschnittes helfen beim Zurückblättern,
sich das Besondere der jeweiligen Person noch einmal in Erinnerung zu
rufen.
Die Orientierung im Buch wird durch die unterschiedlichen
Farben der Seiten sehr erleichtert, so dass es sich auch als Nachschlagewerk
eignet.
Es ist reich mit Bildern versehen und lädt immer
wieder zum Schauen ein. Schade ist nur, dass oft im Text bestimmte Bilder
als wichtig herausgestellt werden, nach denen man dann aber vergeblich
sucht.
Wer über eine Künstlerin noch mehr erfahren
möchte, findet im Anschluss an die einzelnen Kapitel eine Auflistung
der wichtigsten Werke und deren Ausstellungsstandort, sowie Hinweise
auf weiterführende Literatur und ähnliches.
Alles in allem ist dies ein gelungenes Werk und es
lohnt sich allemal, trotz des abstoßenden ersten Bildes sich einzulassen
auf die Welt der Künstlerinnen, und zwar nicht nur für Frauen.
Maria S. Althäuser im Februar 2003
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