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Wolf Haas:
Das Ewige Leben
Roman, 2003
Hoffman und Campe, 220 Seiten, ISBN 3-455-02559-5
www.hoffmann-und-campe-de
Der Grazer Privatdetektiv Brenner versucht sich zu erinnern, wer ein
Loch in seinen Kopf geschossen hat. Er fürchtet, es war sein ehemaliger
Mitschüler von der Polizeischule. Der hat, anders als Brenner,
die Beamtenkarriere gemacht und ist Polizeichef in der österreichischen
Stadt geworden.
Sein Motiv, eventuell: Die Kieberer-Schüler haben aus Daffke dereinst
einen Banküberfall versucht. Dabei ist ein Mitschüler gestorben
und hinterließ dunkelrote Flecke auf den Lebensgeschichten der
angehenden Kriminalen. Ein Bruch mit Todesfolgen immerhin.
Brenner könnte diese Dinge aufwärmen.
Der Intensivpatient B., wundersam erwacht aus tiefem
Koma, macht sich auf die Suche nach seinem Gegner.
Dass er dabei Moped fährt, durch Scheiben fliegt
und mit Messerstichen traktiert wird, gehört zum Wunderbaren dieses
Romans, das man dem Erzähler manchmal nur unter Mühen abkauft.
Sein Trick, der die wilde Story immer wieder funktionieren lässt,
ist seine Stimme. Die Geschichte wird erzählt wie die Suada eines
Stammtischbruders, mit plumpen Anreden an den Leser und einer eigenwilligen
Grammatik, die an den Konditionalsätzen regelmäßig scheitert.
Diese neblige Vertraulichkeit erzeugt eine große Nähe zum
Geschehen - und eine gewisse Großzügigkeit, die wir dem "Kumpel"
zollen und seinen Räuberpistolen.
Von Interesse ist die Zeichnung des Lokalkolorits. Die neo-faschistische
Szene Austrias wird liebevoll vorgeführt, ohne dass man dem Buch
political correctness anmerkte. Freude macht (meist) auch die abenteuerliche
Nebensächlichkeit, mit der selbt die verrückten Episoden erzählt
werden. Man muss schon Obacht geben, sonst überliest man schon
mal einen Mord.
Krimifreunde kommen hier auf ihre Kosten, wenn sie
bereit sind, sich auf ein alpenländisches Erzählen einzulassen.
Belohnt werden sie mit einer erstaunlich neuen Facette des Genres.
Wolf Haas wurde 1960 in Maria Alm am Steinernen Meer
geboren. Nach seinem Linguistik-Studium war er zwei Jahre Unilektor
in Wales, anschließend arbeitete er als Werbetexter in Wien. Für
seine Romane wurde er mit dem Deutschen Krimipreis und dem Burgdorfer
Krimipreis ausgezeichnet. Die Verfilmung seines Krimis "Komm, süßer
Tod" war eine der erfolgreichsten österreichischen Kinoproduktionen;
demnächst wird sein Roman "Silentium!" verfilmt.
Haas lebt als freier Autor in Wien.
(c) Simon Croll im März 2003
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