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Reiner Gödtel Wege zum Glück. Lebenskunst in einer veränderten Welt Universitas Verlag, 240 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag Nicht überall, wo "Lebenskunst" drauf steht, ist davon auch etwas davon zu finden. Was Dr. med. Gödtel, Jg. 38, der als Supervisor und Fachjournalist arbeitet, uns anbietet, um "Glück" zu finden, sträubt des Buchfinken bunt Gefieder. Der Grundgedanke ist dabei klug: "Glückliche und zufriedene Menschen sind in der Regel aktive Menschen, die engagiert eine sinnvolle Tätigkeit verrichten, und zwar gemäß ihrer (sic) körperlichen und seelischen Fähigkeiten." Wenn das wahr ist, muss Mensch nur noch herausfinden, was ihn daran hindert, sich zu engagieren. (Arbeitslosigkeit vielleicht? Nein, es sind ja nie die äußeren Umstände, die uns mürbe machen, sondern nur unsere Einstellung dazu.) So folge Mensch nun dem Verfasser auf dem Weg der "Selbstanalyse"! Entspannt soll er sich hinsetzen und: "Versuchen wir in unseren Erinnerungen zurückzugehen, in unser drittes, viertes Lebensjahr." Gödtel will uns allen Ernstes auf die Couch legen und gleichzeitig danebensetzen, um aufzuschreiben, was da so hoch kommt: Die Wut über Papa z.B. gehört zu dem "vergrabenen Schatz" in uns. Und wenn Mensch dann so vor sich hin gegraben hat, wird er feststellen, dass er damit so manche Leiche ausgebuddelt hat. Dann stellt sich in seinem Leben zum zweiten Mal die Frage: Wohin mit der Leiche? Dr. Gödtel hilft, sie anzuschauen. Wegschaffen muss ein jeder sie selbst. Wer hart verdiente Euro für Sätze wie den folgenden ausgibt, sollte sein Verhältnis zum Geld prüfen: "Erst wenn wir uns in einer kritischen Selbstanalyse Klarheit über unsere Vergangenheit, über unsere Schwierigkeiten und Probleme gemacht haben, können wir die Fähigkeit in uns entwickeln, unsere Zukunft zielstrebig positiver und sinnvoller zu gestalten." Oder: "Vordergründiger Lebensgenuss befriedigt nur kurzfristig. Auf die Dauer können uns nur eine sinnvolle, möglichst regelmäßige Arbeit und die Liebe zu anderen Menschen glücklich machen." Na bitte. Weil wir jetzt erst auf Seite 53 sind, beginnt Dr. med. Gödtel jetzt einen Parforce-Ritt durch die Wüsten der Psychoanalyse (von anal bis genital und zurück), durch die Ebenen der Verhaltenspsychologie (überschreiben wir doch einfach unsere seelische Software mit upgrades), über die Hindernisse von Ethik und Moral. "Aber die Liebe ist das Größte" - hier wird's paulinisch. Und wer jetzt noch unglücklich ist, bekommt Rat von Dr. med. Sommer in Sexfragen: "Nach wie vor ist die weibliche Brust als sekundäres Geschlechtsmerkmal der Anziehungspunkt Nummer eins für alle (sic!) Männer." Die weibliche Brust ist im Original kursiv gedruckt. Folgt eine Liste von Markennamen der chemischen Sexualkeulen und :"Zu Recht (sic) fragt man (sic) sich, wo denn die Sexpillen für die Frau bleiben." Uff. Noch jemand unglücklich? Sie da? Essen Sie gesund! "...und langsam kauen." (S. 206) Dem Buchfink wirds übel. Fünf Probesitzungen bei einem guten Therapeuten bringen mehr als 238 Seiten prall voll mit gefährlichem Halbwissen, das Sie sich bei Ihrem alten Landarzt auf Krankenkassenkärtchen holen können, etwa so: Na, nu-lassense-mal-den-Kopp-nich-so-hängen-ich-schreib-Ihnen-was-auf." Das nächste, bitte, krächzt der Buchfink und lässt die Flügel hängen. Gebrauchswert: Nur für Leser mit Ofenheizung Simon Croll im Dezember 2002
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