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Wolfgang Schneider
Die Enzyklopädie der Faulheit


Eichborn Verlag Berlin 2003, Hardcover, 190 Seiten, 24,90 €
ISBN 3-8218-0720-2

Legt man das Buch beiseite, spürt man dem eigenen Arbeitsbegriff nach und ahnt: Da stimmt was nicht. Das ist gar nicht so normal, wie ich dachte! Man hört vielleicht auch, wie einem diverse Erzieher die Faulheit ausgetrieben haben. Und stellt, wie der Autor Wofgang Schneider, irgendwann fest, dass es Wichtigeres gibt als messbare Leistung. Für Schneider, erklärt seine Tochter, kam die Erkenntnis beinahe zu spät. Zwei Wochen nach Manuskriptabgabe verstarb der Autor bei einem Verkehrsunfall. Es könnte dringlich sein, dieses Buch zu studieren. In Muße, versteht sich.

Es versteht sich als "Anleitungsbuch". Teil 3 nennt sich "Anleitung zum Faulsein". Aber auch hier wie im übrigen Text hält sich Schneider sehr zurück und lässt die Weisen sprechen. Zum Teil in bekannten und häufig zitierten Worten, zum Teil aber auch in Fundstücken, die ein bedachtes Meditieren lohnenswert machen.
Erstes Beispiel:Schon in der Schule (ja! Dort, wo einem die Muße mies gemacht wird!) lasen wir die Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral und mussten vielleicht eine "Arbeit" drüber schreiben. Armer Heinrich Böll.
Zweites Beispiel: Aber wie man sich an "Kometenschweife klammert", das hab ich erst durch Henry Miller erfahren.
Das Buch ist schön, einladend und hat viel Weißraum. Die Randglossen steuern Aphorismen aus vielen Jahrhunderten bei. Grau unterlegte Kästen liefern Definitionen oder weisen auf Netzbasierte faule Hunde hin: www.otium-ev.de (under construction).


Die alten Griechen werden mit sehr prägnanten Worten zitiert und machen Mut, 5 gerade sein zu lassen. Auch wenn wir zwecks Förderung der Faulheit die Sklaverei nicht werden einführen können, sind die Gedanken so überzeugend, dass man sich fragt, wieso kaum jemand danach lebt?
So führt die Anthologie den Leser zur Reflexion seines Arbeitsbegriffs und er kann vielleicht die Ursachen ausmachen, die ihn zum umtriebigen Hamster machten. Der Rezensent wurde mit Macht daran erinnert, dass es das protestantische Arbeitsethos ist, das ihn in den Klauen hat.
Man kann sich frei machen. Ich tu's. Lest selbst. Und lasst sein, was euch kaputt macht.


Zum Schluss ein Grabspruch, S. 46:

Hier ruh' ich aus von meiner Erdenplag',
Mich kann kein Hoffen mehr betrügen,
Und kommt dereinst der Auferstehungstag,
Ich rühr' mich nicht, ich bleibe liegen.

In diesem Sinne - Simon Croll, 2004

 



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