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Felix Dahn

Ein Kampf um Rom

wieder gelesen von Hanno Erdwein

"Och, so ein oller Schinken", wird nun manch einer enttäuscht seufzen. Sicher ist dieses Buch recht betagt und in einer Sprache verfaßt, wie sie unsere Urgroßväter noch in ihrem hochdeutschen Munde führten. Dennoch hat solch ein Buch auch seinen besonderen Reiz. Der liegt schwerpunktmäßig in der Fabulierkunst des Autors.

"Ein Kampf um Rom" ist kein Geschichtswerk. Wer parallel dazu den Ploetz aufschlägt, um den Wahrheitsgehalt zu prüfen, wird enttäuscht sein. Sicher sind Personen wie Kaiser Justinian und Theodora, der Feldherr Belisar, Gotenkönig Totila und noch eine Menge anderer Gestalten geschichtlich belegt. Doch Felix Dahn mischt darunter recht eifrig die Sagengestalten germanischer Völker. Es ist rührend, wenn als einer der wackersten Gotenführer Theoderichs Waffenmeister Hildebrand mit grauem Bart und wuchtig dreinschlagender Streitaxt daherkommt. Auch Markgraf Rüdiger von Bechelaren, den wir aus dem Nibelungenlied kennen, darf nicht fehlen. Und überhaupt - die meisten Kämpen sind so trefflich holzgeschnitzt, daß sie sich uns wie aus der Ilias, der Aeneis oder dem schon erwähnten Nibelungenlied präsentieren. Das hat schon was. Und es ist auf seine kernige Art unterhaltsam.

Die Handlung folgt in groben Zügen dem Niedergang des Ostgotenreichs in Italien. Nach dem Tode Theoderichs des Großen, so die Romanhandlung, sammelten sich die Gotenführer unter dem Vorsitz Meister Hildebrands und schworen, das römische Reich alsbald frei von byzantinischem Einfluß wieder unter einem Gotenkönig erstarken zu lassen. Wacker geschworen, aber nicht so rasch durchgeführt. Vorerst sind die Goten untereinander uneins. Einige Hände greifen nach der Königskrone. Hier müssen auch wieder die Gotenführer zusammenkommen und fast schon mit Gewalt Witichis (Witigis) zum König machen.

Bei den Kämpfen geht es blutig zur Sache. Felix Dahn läßt da nichts aus an drastischer Schilderung. Aber das sollte man bereits aus den Sagenepen Homers und dem Nibelungenlied gewöhnt sein. In diesen Werken wird auch nicht zimperlich gefochten. Einige Städte fallen. Andere leisten heftig Widerstand. Dazu zählen Ravenna und Rom.

In Rom sitzt eine der schillerndsten Gestalten, die das Buch aufzuweisen hat: der Präfekt Cethegus. Das ist eine Type: Verschlagen und listig wie Odysseus. Machtgeil. Lügen und Verrat gehören zu seinem täglichen Handwerk. Und sein Traum ist, Goten und Byzantiner gegeneinander ausspielend aufzureiben, um sich selbst als wiedererstandener Imperator Cäsar auf den Thron zu schwingen. Daß und wie es ihm auch beinah gelingt, macht die Spannung des Romans aus.

Witichis, ein zwar sympatischer aber unglücklicher König, scheitert, obschon er eine Zweckheirat mit Mataswintha, der Enkelin Theodrichs eingeht. Die Belagerung Roms muß er aufgeben. Ravenna fällt zwar in seine Hand. Aber Belisar und Cethegus überwältigen ihn und nehmen ihn gefangen. Er stirbt bei einem Ausbruchsversuch.

Totila, der nun die Königswürde trägt, hat mehr Waffenglück. Jung-Siegfried gleich überrennt er alle Hindernisse und erobert auch das hartnäckig verteidigte Rom. Wie ihm das gelingt und welche Rolle dabei Cethegus spielt, zählt zu den Höhepunkten des Romans.

Sicher muß Felix Dahn sein Buch mit dem endgültigen Niedergang der Goten auf italienischem Boden schließen lassen. Narsis hat eine bessere Hand bei der Rückeroberung als Belisar. Das sind Geschichtsfakten, die auch selbst die eifrigste Fabulierlust nicht hinwegdichten kann.

Der Wälzer verspricht - wenn man sich einmal auf den nicht gerade flott zu lesenden Sprachfluß eingelassen hat - eine Menge Lesespaß. Das ist etwas für erholsame Urlaubstage, für einen längeren Krankenhausaufenthalt (was niemandem zu wünschen wäre), oder auch für Winterabende, wenn die Flimmerkiste mal wieder nur Hirnplattheiten ausspuckt.

Mit Augenzwinkern möchte ich das Buch empfehlen. Es ist entweder im modernen Antiquariat zu haben. Auf der Gutenberg-CD beim Projekt Gutenberg liegt es auch als HTML- Datei vor.

(c) Juli 2002


 



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