Jan Guillou
Coq Rouge
Der schwedische James Bond
Allen Liebhabern von Agentenromanen sei Jan Guillou wärmstens
empfohlen. Er hat nicht nur mit Ian Fleming den Vornamen gemein.
Sein Held Karl Gustaf Hamilton, genannt Coq Rouge, wird von Freund
und Feind "der schwedische James Bond" genannt. Auch Hamilton
hat "eine Lizenz zum Töten". Nur geht er weniger cool
mit diesem blutigen Vorrecht um. Guillou befaßt sich ausgiebig mit
der Psyche seines Helden. Und wo James Bond zur Tagesordnung, dem
obligaten Drink und einem weiteren Bettabenteuer übergeht, verfolgen
Karl Gustaf Hamilton die Erinnyen. Zwar wird er immer wieder mit
diesen Rachegeistern fertig. Doch nach einem abermals blutigen Einsatz
auf höchstpolitischer Ebene schlagen sie wieder gnadenlos zu. So
ist Guillous Agent um einiges menschlicher gezeichnet als Flemings
James bond. Das erkennt man auch daran, daß es bisher nur eine Verfilmung
mit Coq Rouge gibt, während sich die märchenhaften James-Bond-Streifen
allgemeiner Beliebtheit erfreuen. Guillou bemüht sich auch um politischen
Realismus. Man kann behaupten, daß seine Coq- Rouge-Bücher fast
schon so etwas wie die Chronologie der Zeit vom allmählichen Ende
des Kalten Kriegs bis zur Gegenwart bilden. So erlebt der Leser
das Tauwetter, den Fall des Eisernen Vorhangs noch einmal mit aus
der Perspektive des Geheimdienstes. Auch das mehr und mehr in den
Vordergrund Rücken der Auseinandersetzungen im Nahen Osten erfordert
Hamiltons Eingreifen. Die Coq-Rouge-Bände haben einen chronologischen
Handlungsfaden. Immer wieder wird auf frühere Ereignisse Bezug genommen.
Dennoch lassen sich die Bücher auch separat recht gut lesen. Besonders
packend fand ich den Band, in welchem es un die Mafia geht. Titel:
Unternehmen Vendetta Hier rächt Hamilton mit gnadenloser Präzision
den Mord an einem Kameraden. Liebesabenteuer hat Guillous Coq Rouge
natürlich auch. Welcher zeitgenössische Roman kommt ohne Sex aus?
Dennoch ist es die erste und einzige Traumfrau, die Hamilton spät
aber glücklich heiratet.
Wer bei der ersten Begegnung mit Jan Guillou und
seiner Hauptfigur Hamilton nach zwanzig Seiten das Buch wegen der
langatmigen Einleitung gleich gelangweilt weglegt, tut dem Buch
bitter unrecht. Es gehört zu den Eigenheiten des schwedischen Erfolgsautors,
daß er sich zeit läßt, bis es zum Action kommt. Aber dann legt man
das Buch nicht mehr so rasch aus der Hand. Ich wünsche viel Lesevergnügen
mit diesen Büchern!
Hanno Erdwein im Februar 2001