Walter Moers
die dreizehneinhalb Leben des Käpt'n Blaubär
Lügen werden zum Kulturgut. Käpt'n Blaubär ist weiß Gott ein
wahrer Nachfahre des Baron Münchhausen. Allerdings kommt er recht
modern daher. Vor allem verfügt er über einen hohen Wissensstand,
was ihm erlaubt, alles das, was ihm begegnet, gleich zu reflektieren.
Dank seines im Hirn eingepflanzten Universallexikons des Professor
Nachtigaller, ist die Deutung gleich zur Hand. So ist der Leser
nie alleingelassen mit den Wunderdingen und ungewöhnlichen Erscheinungsformen
Zarmoniens.
Walter Moers, wir kennen ihn als Comic-Schöpfer
des "kleinen Arschloch", hat hier ein Kultbuch geschaffen,
das der Phantasiewelt Tolkiens, den tolldreisten Weltraumgeschichten
Douglas Adams und der Gestaltenvielfalt einer Joan K. Rowling nicht
im mindesten nachsteht. Man wird regelrecht mitgerissen durch die
grotesken Episoden, die unglaublichen Abenteuer und der Wahnwitzigkeit
einer regelrecht auf den Kopf gestellten Welt. Da gibt es zum Beispiel
ein Phänomen in der "süßen Wüste", welches Anagrom Ataf
genannt wird. Beim Drüberlesen fällt einem nichts Außergewöhnliches
daran auf. Erst das nähere Hinsehen verrät, daß die beiden Worte
spiegelverkehrt geschrieben sind und Fata Morgana bedeuten. Ja,
das Schöne an Walter Moers Blaubärgeschichten ist, daß sie bei aller
Verdrehtheit in sich logisch sind. Das macht das Lesen zum Hochgenuß.
Akustisch umgesetzt für "Ohrenleser"
hat uns das Werk Dirk Bach. Es ist ihm kongenial gelungen, allen
Figuren eine charakteristische Stimme zu geben. So wird das Buch
geradezu zum Hörspiel.
Zu Hören ist das Werk zur Zeit noch häppchenweise
jeden Morgen um kurz nach neun im HR2 - und das noch den ganzen
sommer hindurch. Ferner bietet es der Eichbornverlag auf 16 CDs
an für jene, die sich an dem idealen Duo Walter Moers und Dirk Bach
nicht satt genug hören können.
Hanno Erdwein - Bonn, 1. August 2002