INHALT | EINFÜHRUNG | DIE WELT VON MOON-WATCHER | DIE WELT VON HEYWOOD FLOYD | DIE WELT VON DAVID BOWMAN | INTERPRETATION | QUELLEN

2001: ODYSSEE IM WELTRAUM
(MGM 1968)

EINFÜHRUNG

Wenige Dialoge, nur drei Handlungsebenen und am Ende ein immer etwas irritiertes Publikum. Aber mit opulenten Bildern, eindringlicher Musik und einer unerwarteten Story wurde dies denoch der bedeutendste Science-Fiction-Film des 20. Jahrhunderts. So die Meinung vieler Kritiker und Fans. Andere halten es auch mit dem Autor des Drehbuchs, Arthur C. Clarke. Schon vor Erscheinen meinte er über die Produzenten von MGM: "MGM weiß es noch gar nicht, aber sie zahlen für den ersten religiösen 10-Millionen-Dollar-Film."

Die Handlungsebenen

1. Moon-Watcher

In der Nacht ehe der Monolith erscheint.

1) Moon-Watchers Gruppe ist vom Wasserloch verdrängt, der Sieger blickt auf den Verlierer zurück. 2) Nach einer unruhigen Nacht erwacht Moon-Watcher und blickt irritiert auf den Eingang seiner Höhle. 3) Dort ist der Monolith aufgetaucht, mit Angst und Staunen wird er ehrfürchtig von Moon-Watcher berührt. 4) In einem Gerippe findet Moon-Watcher einen Knochen und spielt damit. 5) Unter dem Einfluss des Monolithen, während der Konjunktion mit Sonne und Mond, lernt er den Knochen als Werkzeug zu gebrauchen. 6) Mit dem Knochen als Waffe erobert er das Wasserloch zurück.


Die Story von 2001 beginnt vor 4 Millionen Jahren in Afrika mit einer Gruppe Australopethicen (Humanoide an der Grenze vom Affen zum Frühmenschen). Eine Gruppe wird von einer anderen vom Wasserloch vertrieben. Sie zieht sich zurück in ihre Höhle, nun nicht mehr nur von Dürre und wilden Tieren, sondern auch von Artgenossen bedroht. Ihr Anführer, im Buch genannt Moon-Watcher, hört in Angst und Verzweifelung die Geräusche der Nacht. Als er am Morgen erwacht schaut er noch benommen auf einen großen schwarzen Monolithen vor dem Eingang der Höhle. In der Folge lernt Moon-Watcher Knochen als Waffe zu gebrauchen: zur Jagd und für die Rückeroberung des Wasserlochs.

2. Professor Heywood Floyd

Floyd auf der Raumstation bei einem Telefongespräch mit seiner Tochter, im Hintergrund ein Fenster mit Blick auf die Erdkugel

1) Der Pan Am Clipper nähert sich der ringförmigen Raumstation, im Hintergrund der Mond. 2) Sicht aus dem Cockpit. Der Anflug des Clippers ist einer der Höhepunkte der Filmgeschichte. 3) Floyd betritt die internationale Raumsstation, Ausweiskontrolle. 4) Floyd in der Mondfähre beim Essen. Die Fähre bringt ihn zur US Mondbasis, von dort fliegt er weiter zum Crater Tycho. 5) Die Ausgrabungsstätte im Krater Tycho, im Zentrum der Monolith TMA-1. Floyd betritt mit anderen Tycho noch ehe dort die Sonne aufgeht. 6) Wie Moon-Watcher berührt Floyd den Monolithen. Noch wenige Sekunden bis Sonnenaufgang wenn er aktiv wird, wieder in der Konjunktion von Sonne, Erde und Mond.

Vom durch die Luft fliegenden Knochen Moon-Watchers geht der Schnitt direkt zu einem die Erde umrundenden Satelliten im Jahre 2000. Dann kommt ein Space Shuttle im Anflug auf die Raumstation. Ein Sonderflug. Einziger Passagier ist Professor Heywood Floyd, Chef des nationalen US Komitees für Raumfahrt. Von der Raumstation fliegt er, wieder als einziger Passagier, weiter zur US Mondbasis. Im Mondkrater Tycho wurde ein großer schwarzer Monolith gefunden, der Grund von Floyds eiliger Reise. Nach dem man ihn ausgegraben hat und erstmals Sonnenlicht auf ihn fällt sendet er einen Radiostrahl Richtung Jupiter. Von den Menschen wird dies korrekt interpretiert als Hinweis wo man weiter suchen soll.

3. Astronaut David Bowman

Beim Essen auf der Discovery. Vor ihm ein flaches TV-Display mit einer Sendung von der Erde.

1) Die 200 m lange Discovery, deren Kommandant Bowman ist. Die Besatzung ist meist in einer Zentrifuge die sich langsam in der Mitte der vorderen Kugel dreht. Dahinter Treibstofftanks, die Richtantenne und hinten der Antrieb. 2) Bowman beim Frühsport im innern der Zentrifuge. Im Hintergrund die anderen Besatzgungsmitglider in ihren Tiefschlafkammern. 3) Poole auf der Sonnenliege, er sieht gerade eine Grußbotschaft seiner Eltern. 4) Bowman und Poole besprechen ihr weiteres Vorgehen wegen dem Bordcomputer HAL.   Der kann sie zwar nicht hören, ist aber in der Lage durch die Luke im Hintergrund ihre Lippen zu lesen. Ein tödlicher Fehler. 5) Bowman vor der Raumkugel für Außenbordarbeiten. Er will Poole retten, der verunglückt ist. In der Eile lässt er seinen Raumhelm zurück. 6) Am Ende der Reise, am Ende der Odyssee. Bowman findet sich in einer Luxus Suite im Stil des 18. Jahrhunderts wieder.

Im Jahre 2001 startet eine schon länger geplante Expedition zum Jupiter. Die Besatzung der Discovery besteht aus zwei Astronauten, drei im Tiefschlaf befindlichen Wissenschaftlern und dem Bordcomputer HAL. Kurz vor Erreichen des Ziels wird HAL bis auf den Komandanten Bowman die gesammte Besatzung töten, ehe er von diesem abgeschaltet wird. Erst jetzt erfährt Bowman vom Fund des Monolithen. Bowman findet in einer Jupiter-Umlaufbahn einen weiteren, sehr viel größeren Monolithen: Das Ziel der Reise. Er verläßt mit einer kleinen Kapsel die Discovery und nährt sich dem Objekt. Plötzlich verändert sich die Umgebung, der Weltraum öffnet sich und er fällt in eine andere Existenzebene. Die eigentliche Odyssee beginnt. Am Ende dieser Odyssee sieht man Bowman als kosmischen Embryo zwischen den Sternen.

Im weniger anspruchsvollen Nachfolgefilm "2010" wird klar, dass die Expedition ein kompletter Fehlschlag war. Bowmans letzte Worte "Es ist voller Sterne" waren alles was man ueber den Monolithen in Erfahrung bringen konnte. Bowman gilt als verschollen und wird für Tod erklärt. Das Versagen von HAL und der gesammten Expedition wird von einem Untersuchungsausschuss der Besatzung, besonders Bowman zugeschrieben. Floyd, der die Expedition mit initiierte, wird die Auswahl Bowmans zur Last gelegt. Er muss sein Amt niederlegen und kehrt an die Universität zurück. Die Discovery ist abgeschaltet in einem Orbit um Jupiter geparkt. All dies sollte sich erst ändern, als die Sowjetunion im Jahre 2010 ein eigenes Raumschiff zum Jupiter entsendet.

Fuer einen Science-Fiction-Film ist "2001" von nahezu unerreichter Perfektion in der Darstellung technischer Details. Nicht einfach Kameraführung und Special Effekte, sondern die Präsentation der zukünftigen technischen Entwicklung und ihre Darstellung ist bis in kleinste Detail von Wissenschaftlern und Ingenieuren extra für Kubrick konzipiert worden. Selbst zunächst Unglaubhaftes, wie etwa der Kurzaufenthalt im Vakuum, sind von der NASA als realistisch belegt. Bei dieser sicher und klar nachvollziehbaren Technik muss es ganz besonders irritierend wirken wenn man die eigentliche Aussage des Filmes zunächst nicht erfassen kann. Denn Bowmans Odyssee besteht nur aus abstrakten Bildern, deren Interpretation nicht trivial ist, aber bedeutend fuer die Aussage des Films. Hinter dieser Hürde steht Absicht. Clarke war zu vorsichtig seine Ansichten besonders deutlich zu machen. Dies hätte auch die Verbreitung des Films beeinträchtigen können. Kubrick beabsichtigte gar Unklarheiten, etwa als er entscheidende Szenen zur Fehlfunktion von HAL herausschnitt. Und beide freuten sich ueber alle Kritiken und Interpretationen, die sie über ihr Meisterwerk zu lesen bekamen.

Die Autoren

1. Arthur C. Clarke

 

 

Clarke beim Tauchen vor Sri Lanka   Clarke und Kubrick im Set von "2001"

In England geboren am 16.12.1917 lebt er seit 1956 in Colombo, Sri Lanka. Bereits 1936, mit 18 Jahren, wurde er Mitglied der British Interplanetary Society, ein seriöser Verein zur Förderung der Raumfahrt. Zur gleichen Zeit entwickelte im Geheimen der nur 6 Jahre ältere Wernher von Braun für die deutsche Armee die erste Großrakete. Auch er war über einen Club von Raumfahrtenthusiasten zur Sache gekommen. Während von Brauns V2 eine Blutspur durch London und Antwerpen zog, leitete Clarke die Erprobung des Radar-Blindlandeverfahrens für die Royal Air Force. Das Bomber-Kommando wollte vom britischen Wetter unabhängig werden - bei der Einäscherung deutscher Großstädte. Aber vom menschlichen Fortschritt träumten beide.

Clarke studierte ab 1945 Mathematik und Physik am King's College, London. Nach nur der Hälfte der vorgesehenen Zeit machte er einen Abschluss mit besonderen Ehren. Aber bereits zu Beginn seines Studiums veröffentlichte er eine Arbeit über geostationäre Funk-Relais-Satelliten die dann 25 Jahre später realisiert wurden. Dies brachte ihm weitaus mehr Ehrungen ein; so wurde die entsprechende 36000 km Bahn von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) inzwischen offiziell "Clarke Orbit" genannt.

Bekannter wurde Clarke aber durch seine vielen Science-Fiction-Erzählungen seit 1945. Er dürfte in diesem Bereich als englischer Autor die höchste Auflage haben. Alle seine Geschichten bestechen durch präzise ausgearbeitete physikalisch-technische Details, wirklich wissenschaftliche Science Fiction. Außer Romanen schrieb er auch mehrere Sachbücher über Raumfahrt, Meeres- und Unterwasserforschung. Heute lebt er noch immer auf Sri Lanka, noch immer schreibend und nur körperlich etwas pflegebedürftig.

Aufgrund seiner vielen Auszeichnungen und seines Bekanntheitsgrades als bedeutender britischer Denker des 20. Jahrhunderts wollte sich auch die britische Aristokratie mit ihm ehren. Er sollte vom Oberhaus durch die Königin in den Adelsstand versetzt werden. Kurz zuvor kamen aber Gerüchte auf, wonach er sich in früheren Jahren pädophilen Neigungen hingegeben hätte. Egal wie alt die Vorwürfe sind, nach Meinung der Murdoch-Presse wiesen sie auf ein geistig moralisches Niveau, das mit Englands Adel von heute unvereinbar ist. Der Ritterschlag wurde prompt abgesagt. Dann entfaltete aber das Foreign Office intensive und diskrete dipomatische Aktivitäten in Sri Lanka und wohl noch anderen Teilen der Welt. Nach zwei Jahren Arbeit erreichte man es, dass Clarke im Mai 2000 doch noch seinen Adelstitel bekam und Murdochss Presse dazu schwieg. Man hatte wohl erkannt, dass ein Adel mit Clarke eine Sache für Jahrhunderte ist, eine Presse mit Murdoch (69) aber höchstens noch für Jahrzehnte.

2. Stanley Kubrick
(26.7.1928 Bronx, New York City - 7.3.1999 England)

Es war klar, dass er es ernst meinte, als er 1964 Clarke anrief, um eine neue Story bat und ihm mitteilte er wolle damit den bedeutendsten Science-Fiction-Film überhaupt drehen. Mit "Wege zum Ruhm" (1957), "Spartakus" (1960), "Lolita" (1962) und dem gerade 1964 abgedrehten "Dr. Seltsam, oder wie ich lernte die Bombe zu lieben" war Kubrick bereits eine lebende Regielegende. Ein Perfektionist, der Barrieren überwand, Geld in die Kinokassen schaufelte und auch noch die Intellektuellen befriedigte. Das Drehbuch wurde von Clarke und Kubrick gemeinsam konzipiert. Statt zwei Jahren wie sie zunächst dachten brauchten sie aber doppelt solange, der Effekt von zwei Perfektionisten bei der Zusammenarbeit. Aus Clarkes Tagebuch 1964:

2.-8. Juli: Im Durchschnitt ein- bis zweitausend Worte pro Tag. Stanley liest erste fünf Kapitel und sagt: "Wir haben hier einen Bestseller hinbekommen".

9. Juli: Verbrachte das meiste vom Nachmittag damit, Stanley zu zeigen, wie man den Rechenschieber verwendet -- er ist fasziniert.

11. Juli: Begab mich zu Stanley, um die Entwicklung der Story zu diskutieren, aber verbrachte bald die ganze Zeit um über Cantors Theorie der Transfiniten Gruppen zu argumentieren. Stanley versucht das "Teil entspricht dem Ganzen" Paradox zu wiederlegen, indem er argumentiert, dass ein perfektes Quadrat nicht notwendigerweise iddentisch ist mit der Ganzzahl vom gleichen Wert. Ich entscheide, das er ein latentes mathematisches Genie ist.

12. Juli: Nun alles da -- außer der Story.

Mit 2001 setzte Kubrick einen weiteren kulturellen Meilenstein zu den bereits erwähnten Filmen. Gefolgt noch durch "Full Metal Jacket" (1987), während der Rest vom Stil überdurchschnittlich, von der Aussage aber weniger relevant erscheint. Er starb kurz nach der Fertigstellung von "Eyes Wide Shut". Da er nichts mehr hasste als Zensur liess er schriftlich festlegen, dass sein Film von Hollywood nicht geschnitten werden durfte. Unangenehm für Hollywood, enthielt sein letztes Werk doch Sexszenen und sogar die Abbildung männlicher Genitalien. Unmöglich für Amerika im Jahre 1999. Statt zu schneiden kopierte man elektronisch weitere Personen in die Szene um die entsprechenden Stellen zu überdecken. Der Vertrag mit Kubrick blieb damit erfüllt, er war ihm leider nicht perfekt gelungen.

3. Harry H.K. Lange und Frederick I. Ordway III.

Kubrick wollte in "2001" nicht nur die Handlung, sondern auch alle Details der Ausstattung 100% genau haben. So engagierte er Frederick I. Ordway III. und Harry H.K. Lange für Entwurf und Aufsicht über die Ausstattung. Beide waren Sonderberater der NASA in Huntsville, Alabama. Sie entwarfen nicht nur die Ausstattung, sondern berechneten und konzipierten alle Details. Etwa die Position der Erde und die Schattenlänge in der Szene, in der Floyd dem Mondmonolithen begegnete. Aber auch Dinge, die im Film gar nicht vorkamen, etwa Bordcomputer, Steuerung, Kupplungssysteme, automatische Küche und andere Geräte im Orion III Shuttle und dem Mondshuttle. All dies wurde konzipiert mit der Unterstützung von namhaften Firmen wie IBM, Honeywell, RCA, General Electric und anderen Auftragnehmern von NASAs Apollo-Projekt. Nach Ende der Dreharbeiten überreichte Ordway einen dicken Report über seine Arbeit: "Final Industrial Summary of Support Provided `2001`". Als Techniker war Ordway viel weniger zurückhaltend in der Aussage des Films als Clarke oder Kubrick. Seine Kritik, Kubrick hätte durch Schnitte den Film verstümmelt und vernebelt, ist durchaus berechtigt.