Logo Pornographie und Jugendschutz
Pro Familia
English - Deutsch - Hauptseite

Vertrieb des Jahrbuchs »Mein heimliches Auge«

Angriffe, denen Organisationen für Sexualpädagogik ausgesetzt sind, die mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Jugendschutz in der BRD leisten, geben Aufschluß darüber, wie es um den Stand der Sexualauklärung bestellt ist. Die 1996 gegen die Aufklärungsorganisation Pro Familia erhobenen Vorwürfe wegen des Vertriebs des erotischen Jahrbuches »Mein heimliches Auge« sollen aus diesem Grund hier vollständig und vorurteilsfrei dokumentiert werden.

Agenturmeldung der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) vom 29.8.96:

Bonn, 29.8.96 (KNA) Die katholische Kirche hat "Pro Familia" vorgeworfen, durch die Verbreitung "von pornographischen und sodomistischen Publikationen" den Boden für Kindesmißbrauch und Pornographie zu bereiten. Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, reagierte damit am Donnerstag auf Anfrage in Bonn auf Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen der Verbreitung pornographischer Schriften.

Die Untersuchung bezieht sich auf mehrere von der "Deutschen Gesellschaft für Sexualberatung und Familienplanung Pro Familia" vertriebene "Jahrbücher der Erotik". Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft die Verantwortlichkeiten für die Herausgabe. "Pro Familia" selbst hat mittlerweile den Vertrieb der sieben beanstandeten Jahrbücher eingestellt, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte. Langendörfer sagte zu den "Jahrbüchern" wörtlich: "Solche Schmutzwerke tragen dazu bei, jedwede Hemmschwelle im sexuellen Bereich zu beseitigen." Angesichts der gegenwärtigen Diskussion über Kindsmißbrauch müsse auf die Mitverantwortung derjenigen hingewiesen werden, die durch pornographische und sodomistische Werke den Boden für solche Verbrechen bereiteten.

Die Stellungnahme von Pro Familia hierzu:

Pressemitteilung 5/96
PRO FAMILIA
Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e. V.
Bundesverband, Stresemannallee 3, 60596 Frankfurt am Main
Telefon: (069) 63 90 02, Fax: (069) 63 98 52

Betrifft: Agenturmeldung der KNA vom 29.8.96 "Kirche: PRO FAMILIA bereitet Boden für Kindesmißbrauch"

PRO FAMILIA: "Die Deutsche Bischofskonferenz sollte nicht diejenigen, die sich der Opfer sexueller Gewalt annehmen, verunglimpfen."

Der PRO FAMILIA-Bundesverband weist die unzutreffenden Behauptungen des Sekretärs der Deutschen Bischofskonferenz entschieden zurück, PRO FAMILIA bereite den Boden für Kindesmißbrauch und Kinderpornographie durch Verbreitung pornographischer und sodomitischer Schriften. Diese Vorwürfe sind nicht nur rufschädigend, sondern wahrheitswidrig und unqualifiziert.

Gegenstand staatsanwaltlicher und noch nicht abgeschlossener Ermittlungen gegen die PRO FAMILIA-Vertriebsgesellschaft ist der Band VII der Publikationsreihe "Mein heimliches Auge" aus dem Claudia Gehrke-Verlag, deren Vertrieb auf Veranlassung von PRO FAMILIA unmittelbar nach Bekanntgabe der Ermittlungen eingestellt worden ist.

Der PRO FAMILIA-Bundesverband ist erschüttert über die unverantwortlichen und generalisierenden Vorwürfe der Deutschen Bischofskonferenz, die sich der Tragweite ihrer Äußerungen nicht bewußt zu sein scheint.

Mit ihren Behauptungen

Der PRO FAMILIA-Bundesverband empfiehlt der Deutschen Bischofskonferenz, sich schützend vor Kinder zu stellen, indem sie diejenigen nicht verunglimpft, die sich in unserer Gesellschaft der Opfer sexueller Gewalt annehmen.

PRO FAMILIA-Bundesverband
Frankfurt am Main, den 29. August 1996

Meldung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 30.8.96, im wesentlichen eine Zusammenfassung der beiden Agenturmeldungen:

FAZ 30.8.96, S. 60 "Rhein-Main"

Katholische Kirche erhebt Vorwürfe gegen Pro Familia

kna./mak. Die katholische Kirche hat Pro Familia vorgeworfen, durch die Verbreitung "von pornographischen und sodomistischen Publikationen" den Boden für Kindesmißbrauch und Kinderpornographie zu bereiten. Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, reagierte damit gestern in Bonn auf Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen die Vertriebsgesellschaft des Vereins wegen der Verbreitung pornographischer Schriften. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft, weil die Gesellschaft die verschiedenen Ausgaben des Jahrbuchs "Mein heimliches Auge" möglicherweise auch an Jugendliche verschickt hat. Das Unternehmen hat den Vertrieb der Veröffentlichungen vor wenigen Tagen eingestellt. Langendörfer sagte, "solche Schmutzwerke tragen dazu bei, jedwede Hemmschwelle im sexuellen Bereich zu beseitigen". Angesichts der gegenwärtigen Diskussion über Kindesmißbrauch müsse auf die Mitverantwortung derjenigen hingewiesen werden, die durch pornographische und sodomistische Werke den Boden für solche Verbrechen bereiteten.

Der Bundesverband von Pro Familia, der seinen Sitz in Frankfurt hat, bezeichnete die Kritik der Kirche als wahrheitswidrig und unqualifiziert. "Die Deutsche Bischofskonferenz sollte nicht diejenigen, die sich der Opfer sexueller Gewalt annehmen, verunglimpfen", heißt es in einer Stellungnahme. Die Kirche verunsichere Opfer, die sich bei Pro Familia beraten ließen, und diskreditiere eine Organisation, "die sich seit mehr als vier Jahrzehnten fachkundig und couragiert auch den schwierigen und bedrohlichen Seiten gelebter Sexualität stellt". Die katholische Kirche scheine sich der Tragweite ihrer Vorwürfe nicht bewußt zu sein.

Stellungnahme von Pro Familia zur Anzeige gegen die Pro-Familia-Vertriebsgesellschaft:

PRO FAMILIA Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e. V. Bundesverband, Stresemannallee 3, 60596 Frankfurt am Main Telefon: (069) 63 90 02, Fax: (069) 63 98 52

Betrifft: Anzeige der Initiative gegen Gewalt und Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen gegen die PRO FAMILIA-Vertriebsgesellschaft mbH & Co KG zum Vertrieb des Jahrbuchs aus dem Gehrke-Verlag "Mein heimliches Auge" Band VII

Stellungnahme des PRO FAMILIA-Bundesverbands

Zur Frage des Vertriebs von Büchern mit erotischer bzw. sexueller Thematik

PRO FAMILIA Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e. V. ist nicht nur ein Beratungs-, sondern gleichermaßen ein Fach- und Interessenverband für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte. Sie befaßt sich sowohl mit der befriedigenden wie auch mit der "dunklen Seite" menschlicher Sexualität. Sie versucht in der Beratung, der Sexualaufklärung, der Öffentlichkeitsarbeit und der politischen Mitgestaltung, sich offen und verantwortungsvoll mit der gelebten Sexualität von Menschen auseinanderzusetzen. Besonders sieht sie sich der Vorbeugung und Zurückdrängung sexueller Gewalt verpflichtet. Frauen und Männer können kaum existentieller getroffen werden als durch Eingriffe zur Beeinflussung oder Behinderung ihrer Sexualität und Fruchtbarkeit. Der hieraus folgenden Risiken, Gefahren und "problematischen Nähen" muß sich jeder bewußt sein, der in diesem Bereich Dienstleistungen anbietet und sich in politische Gestaltungsprozesse einbindet. Daher muß die eigene Tätigkeit immer wieder von den Interessen, Bedürfnissen und Grundrechten der einzelnen Menschen begründet werden.

Wer das facettenreiche, widersprüchliche Thema Sexualität zum Aufgabengebiet wählt, muß wissen, daß Antworten mit Ja oder Nein nicht immer möglich sind. Dies macht das Arbeiten schwierig und konfliktreich. PRO FAMILIA war und ist bereicht, diese Herausforderung anzunehmen.

Zu dem Buch "Mein heimliches Auge" Band VII selbst:

Die Zeichnungen im Beitrag von Ulrike Rogowski stellen sexuelle Handlung zwischen einem Tier und einem Menschen dar (Sodomie). Pädophile Handlungen werden nicht dargestellt. Menschen, die sich diese Zeichnungen ansehen, bewerten sie unterschiedlich. Für die Verlegerin beispielsweise handelt es sich um eine Satire auf das Märchen Rotkäppchen. Aufgrund der ungeklärten rechtlichen Situation hat die PRO FAMILIA-Vertriebsgesellschaft mbH und Co KG bis zur endgültigen Klärung den Vertrieb dieser Publikation eingestellt.

PRO FAMILIA befaßt sich intern über Fachgespräche, Fort- und Weiterbildung sowie Beratung mit externen Fachfrauen und -männern kontinuierlich mit kontroversen und existentiellen Themen wie Pornographie, Gewalt und Mißbrauch, extreme sexuelle Lebensweisen. Auch die Auseinandersetzung um die Anthologie "Mein heimliches Auge" wird in diesen kritischen Diskurs einbezogen werden. Ziel ist hierbei stets die Überprüfung und Wieterentwicklung des eigenen Standpunkts und des fachlichen Handelns.

Stellungnahme von PRO FAMILIA zu einer Presseerklärung der CDU:

PRO FAMILIA
Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung, Landesverband Hessen e. V.
Schichaustraße 3-5, 60314 Frankfurt
Telefon 0 69/44 70 61
Telefax 0 69/49 36 12

PRESSEMITTEILUNG

Betr.: Agenturmeldung der hess. CDU-Landtagsfraktion wegen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen die PRO FAMILIA Vertriebsgesellschaft

Stellungnahme des PRO FAMILIA Landesverbands Hessen e. V.

Die Strafanzeige einer Gruppe sogenannter Lebensschützer gegen die PRO FAMILIA Vertriebsgesellschaft ist jetzt auch für die hess. CDU-Landtagsfraktion eine willkommene Gelegenheit, durch die Verbreitung einer diffamierenden Presseerklärung eine Hetzkampagne gegen den PRO FAMILIA Landesverband Hessen e. V. und seine Beratungsstellen zu eröffnen. Das gipfelt in der Unterstellung, PRO FAMILIA verbreite pornographische Schriften und nehme dafür Landesmittel in Anspruch.

Bei dem von der CDU zitierten Buch handelt es sich um "Mein heimliches Auge", Jahrbuch der Erotik, aus dem Konkursbuchverlag Claudia Gehrke. Dieses Buch erscheint jährlich und wird von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften begutachtet. Es handelt sich um erotische Literatur, Satire und künstlerische Darstellungen, die an Erwachsene gerichtet sind. Dieses Buch wurde von der PRO FAMILIA Vertriebsgesellschaft, einem eigenständigen kommerziellen Unternehmen, das keinerlei öffentliche Zuschüsse erhält, auf Bestellung über den Postweg vertrieben. Nachdem bekannt wurde, daß bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft ein Strafantrag wegen des Vertriebs dieser Periodika gestellt wurde, hat die PRO FAMILIA Vertriebsgesellschaft vorsorglich den weiteren Verkauf bis zum Abschluß der Ermittlungen eingestellt. Ein Verfahren gegen die PRO FAMILIA Vertriebsgesellschaft wurde bisher nicht eingeleitet. Es handelt sich also bei der CDU-Kampagne gegen PRO FAMILIA um eine undemokratische Stimmungsmache in Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten.

Die PRO FAMILIA, Landesverband Hessen e. V. fordert die CDU-Landtagsfraktion auf, ihre unqualifizierte und schädliche Hetzkampagne sofort einzustellen. Ihre Vorgehensweise zeugt nicht nur vom erneuten Vormarsch von Doppelmoral in einer Zeit, in der in allen Medien sexualisierte und sexistische Darstellungen und Gewaltszenen an der Tagesordnung sind. Sie stellt eine Verharmlosung sexueller Gewalt in allen ihren Formen dar. Angesichts der grauenhaften Entdeckungen von Opfern sexueller Gewalt in Belgien zeugt das von beispielloser Schamlosigkeit und Gefühllosigkeit.

Die Vorgehensweise konservativer, ja extremistischer Kreise gegen PRO FAMILIA hätte vor 20 Jahren in der Öffentlichkeit keine Resonanz gefunden. Die Befreiung aus dem Mief der 50er Jahre, ein freierer und offenerer Umgang mit Sexualität hat das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zu einem Thema öffentlicher Diskussion gemacht. Damit ist überhaupt erst die Problematik und das Ausmaß sexueller Gewalt und sexuellen Mißbrauchs in unserer Gesellschaft offenbar geworden. Gerade deshalb wird PRO FAMILIA als Fachverband sich weiterhin für eine differenzierte und aufgeklärte Einstellung zur Sexualität einsetzen und öffentlich zu Wort melden.

Das Recht auf individuelle Gestaltung der eigenen Sexualität gehört zum freien Umgang mit Sexualität. Sie ist Ausdruck von Lebensfreude und Gesundheit des Menschen. Sexuelle Praktiken und Vorlieben finden dort ihre Begrenzung, wo sie Mißachtung, Mißbrauch von Macht und Abhängigkeit, Zwang, Gewaltanwendung oder Erniedrigung anderer Menschen bedeuten. Diese Regeln sind auch auf den Umgang mit Pornographie anwendbar. Eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen ist von vorneherein und grundsätzlich auszuschließen. Daran hat sich PRO FAMILIA bei der Herstellung und Verbreitung von Medien immer orientiert. PRO FAMILIA legt dieses Verständnis seit Jahrzehnten ihrer Beratungs- und Aufklärungstätigkeit zugrunde. Sie tritt für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte ein, und ist damit besonders auch der Vorbeugung und Zurückdrängung sexueller Gewalt verpflichtet. Die gravierenden Folgen sexueller Gewalt für die Beziehungsfähigkeit und die Gesundheit von Menschen sind PRO FAMILIA aus ihrer Beratungstätigkeit nur zu gut bekannt.

Die in den letzten Tagen entfesselte öffentliche Kampagne gegen PRO FAMILIA findet bei den Ratsuchenden kein Gehör. Unsere Beratungsstellen werden weiterhin vorurteilslos aufgesucht. Deshalb gehen wir in aller Gelassenheit davon aus, daß die Aktion der hessischen CDU-Landtagsfraktion als peinlicher Versuch der Diffamierung im Sande verlaufen wird.

PRO FAMILIA Landesverband Hessen e. V.
Frankfurt, den 7.9.1996

Zusammengestellt von Erik Möller. Ergänzungen, Korrekturen, Fragen und Kritik sind stets willkommen. Diese Seite arbeitet bewußt mit schlichter Gestaltung, um geringe Ladezeiten und volle Kompatibilität zu gewährleisten. Alle Angaben sind ohne Gewähr.